“Das Marketing-Jahr, wie wir es kennen, gibt es nicht mehr.”
Geschäftsführer der Bonnyprints GmbH Valentin Lewandowski teilt seine Key-Insights für erfolgreiche Markenführung für Online-Shops zu Zeiten der Corona-Krise.
Das Geschäftsjahr neigt sich dem Ende und wer sie noch nicht beendet hat, befindet sich gerade mittendrin: die Jahresplanung 2021. Doch gerade in Branchen, in denen Saisonalität die Marketingmaßnahmen und Budgets maßgeblich bestimmt, ist ein radikales Umdenken zwingend erforderlich.
Als Valentin Lewandowski Anfang des Jahres die Bonnyprints GmbH im Rahmen eines Management Buy Outs vom französischen Marktführer Planet Cards übernahm, ahnte er nicht, dass es gerade jene agile Startup-Strukturen sein werden, die ihn erfolgreich durch die Krise führen: “Während viele Unternehmen sich aufs Überleben konzentriert haben, waren wir damit beschäftigt, unsere Marke zu profilieren und neu zu definieren. Die daran angeschlossenen Daten getriebenen und agilen Prozesse haben uns dabei geholfen, Gewinn bringend auf die Krise zu reagieren.”
Was der Geschäftsführer und neue Eigentümer mit seinem Online-Shop wunderkarten.de wähdrend der Corona-Krise gelernt hat, teilt er in diesem Gastbeitrag mit uns.
I. Parallele Prozesse: Sprints mit sog. Innovations-Teams
Auch schon vor der Krise haben wir sowohl in der Entwicklung als auch im Marketing und Kundenservice verstärkt auf agile Prozesse gesetzt. Als dann im Rahmen der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Verbote für größere Veranstaltungen viele Hochzeiten für 2020 auf Eis gelegt wurden, stand auch ein Großteil unseres jährlichen Umsatzes auf der Kippe. Denn traditionellerweise hat die mehrmonatige Hochzeits-Saison mit ihren Save-the-Date, Einladungs- und Dankeskarten großen Einfluss auf unsere Jahresplanung.
Um sowohl im Kundenservice kulant auf diesen Umstand zu reagieren als auch mit unseren Kernprodukten schnell und gekonnt für neue Absatzmöglichkeiten zu sorgen, haben wir kleine interdisziplinäre Innovations-Teams gegründet. Vielmehr als das Problem der Marketing-Abteilung oder dem Sales-Team zu überlassen, haben wir neben dem normalen Geschäftsbetrieb freie Ressourcen in kleinen Projektteams gebündelt. Diese neu entstandenen Innovations-Teams haben dann in Design-Sprints in Rekordzeit unterschiedliche Lösungen für die Kundenbindung und die Erhöhung des Umsatzes entwickelt.
In unserem konkreten Fall waren u.a. die sog. Change-the-Date-Karten in Kombination mit überarbeiteten, flexibleren Storno-Optionen das Ergebnis. Auf diese Weise haben wir ein komplett neues Segment und Produkt geschaffen und konnten unseren Umsatz stabilisieren und unsere Kunden serviceorientiert durch die Ungewissheit manövrieren.
II. Qualitative und Quantitative Business Intelligence
Trends und Bedürfnisse rechtzeitig verstehen und neue Segmente schaffen. Gerade im Onlinebereich müssen Marken auf das sich stetig verändernde Kundenverhalten schnell und gekonnt reagieren. Big Data wird oftmals nicht zufriedenstellend analysiert.
Die Auswertung unserer Kundendaten hat daher inzwischen oberste Priorität und wir haben dafür eine eigene Abteilung, die sich Tagein und Tagaus damit beschäftigt, wie Kunden und potenzielle Kunden mit unserer Marke und unseren Produkten interagieren. Jene Insights haben uns, wie o.g. Beispiel zeigt, geholfen, neue Segmente zu kreieren und die Kundenbindung zu erhöhen, indem wir auf konkrete Kundenwünsche gezielt reagiert haben.
Darüber hinaus hat uns diese Einsicht aber vor allem in unserem Vorgehen bestärkt, Trends frühzeitig zu identifizieren und mit neuen, spannenden Produkten darauf zu reagieren. Und so war Ostern zu Beginn von Corona einer der Anlässe, der überraschenderweise und eher ‘saisonal untypisch’ für neue Bedürfnisse gesorgt hat. Traditionellerweise war das Ostergeschäft eher zweitrangig in unserer Marketing-Strategie. Doch mit den bundesweiten Quarantänemaßnahmen wuchs der Wunsch nach Nähe und Kommunikation mit der Verwandtschaft. Wir haben daher spezielle Oster-Ausmalkarten designt, mit denen wir eine emotionale Lücke schließen konnten. Die Auswertung unseres Kundenfeedbacks in Kombination mit dem Surfverhalten war hierfür ausschlaggebend.
Statt ‘Business as usual’ und den saisonalen Marketing-Plan Woche für Woche abzuarbeiten, konnten unsere iterativen Innovations-Teams ein neues Produkt kreieren und sorgten so für einen höheren Absatz in einer neu, bislang unterrepräsentierte Saison.
III. Saisonalität hat ausgedient
Fokusshift von Marketing auf Branding Saisonalität, welche Branche hat sie nicht, ob Sommerzeit, Feiertage, internationale Sportereignisse oder, oder, oder. Gerade in unserer Anlass getriebenen Branche haben auch wir jedes Jahr das Spreadsheet mit den großen Meilensteinen und den daran angeschlossenen Marketingaktivitäten für das Jahr bestückt und dann kreiert, iteriert und analysiert. Doch damit ist jetzt Schluss. Denn wie wir in diesem Jahr gelernt haben, lässt sich in Krisenzeiten kaum noch an dem geplanten Material festhalten. Groß angelegte Kampagnen, Hub- und Hero-Content mit viel Vorlaufzeit haben ausgedient.
Wenn uns das Jahr 2020 eines gelehrt hat, ist es, dass wir agil handeln und Kampagnen bedarfsorientiert aufziehen müssen. Die einzigen langfristigen Investitionen konzentrieren sich daher nun vor allem auf einheitliches und kontinuierliches Storytelling in der PR und eine robuste Markenbildung anstatt auf saisonale oder gar Anlass bezogene Kampagnen, die ggf. jederzeit aufgrund weltweiter Ereignisse pausiert werden müssen. Das Marketing-Jahr, wie wir es kennen, gibt es nicht mehr.
Daher abschließend noch ein Wort zum Thema Saisonalität und Planbarkeit. Neben dem aktuell angelaufenen Weihnachtsgeschäft machen sich in unserer Branche parallel bereits die längerfristigen Corona-Auswirkungen bemerkbar. Zusätzlich zu den Weihnachtskarten beobachten wir den Anstieg bei den Babykarten. Dieser Advent verkündet also nicht nur die Ankunft des Christkindes, sondern auch die der Corona-Babies.